Als die Bilder sprechen lernten: Filmton kompakt

Auf den guten Ton kommt es auch bei der Filmproduktion an.
Auf den guten Ton kommt es auch bei der Filmproduktion an. Foto: Gregory B. Waldis

Film spricht nicht nur den Sehsinn an, sondern auch das Gehör spielt eine große Rolle, denn werden durch die Tonspur viele wichtige Informationen vermittelt. Sprache, Geräusche, Musik: zusammen bilden sie den Klangteppich, der den Zuschauer den gesamten Film mit begleitet. Denn letztlich sind es die klanglichen Nuancen, die zur Wahrnehmung des Films beitragen und diesen unterschwellig oder auch manches Mal sehr dominant emotional aufladen. Insofern tut jede Filmproduktion gut daran, auch auf das perfekte klangliche Erlebnis hin zu arbeiten. Für Filmemacher, die sich mit Filmton bisher nur wenig auseinander gesetzt haben, liefert Fachbuchautor Achim Dunker nun ein neues Buch, das sich mit den Besonderheiten und Tücken der professionellen Filmtonaufnahme auseinander setzt.

Das kompakte Westentaschenformat kennen wir schon aus Dunkers Buch "Portrait Lightning", das an früherer Stelle in diesem Blog besprochen wurde. Auch die Mehrsprachigkeit findet sich in Dunkers neuem Werk "Filmton-Aufnahme. Kompakte Infos für Fotografen und Filmemacher", wobei er sich diesmal auf Deutsch und Englisch beschränkt hat, was die Lesbarkeit des Buches deutlich erhöht.

 

Dunker ist ein Meister der Improvisationen, der immer auch an Filmemacher mit "kleinem" Geldbeutel denkt, also an all jene, die Low- oder gar No-Budget drehen müssen. Die Situation für jene Filmemacher ist doch oftmals, dass das Equipment, aber auch die Zahl der zur Verfügung stehenden Crewmitglieder begrenzt sind. Zumal ausgebildete Filmtonmeister nicht gerade auf den Bäumen wachsen. In meiner Tätigkeit als FilmCommissioner ist die häufigste Abfrage der Filmproduktionsfirmen, ob ich irgendwelche Tonmänner oder -frauen in der Region empfehlen könnte, denn neben Beleuchtern ist es eben diese Berufsgruppe, die besonders rar gesät ist - sofern man nicht in den großen Metropolen wie Berlin, München oder Hamburg dreht. In Baden-Württemberg sind sie Mangelware.

 

Glücklicherweise gibt es ja aber heute in der Filmbranche die eierlegende Wollmilchsau (nicht despektierlich gemeint!!!), den Mediengestalter Bild und Ton. Doch in all dem Universalwissen, das in der Ausbildung vermittelt wurde, so hat sich doch jeder Mediengestalter auf bestimmte Bereiche spezialisiert und hier beobachte ich, dass diese Spezialisierung zumeist auf die Bereiche Kamera oder Schnitt erfolgt. Die Ton-Kompetenz ist da oftmals Nebensache und so fehlen hier leider die Experten für aufwändige Filmtonaufzeichnung, besonders aber für deren Nachbearbeitung.

 

Schon seit den Anfängen meiner professionellen Beschäftigung mit Film und Fernsehen analysiere ich die Schwachstellen deutscher Produktionen und hier musste ich nur allzu oft festzustellen, dass neben einer mangelhaften Standardausleuchtung, szenischen Standardsettings auch gerade der profane Ton mit dazu beiträgt, dass das Filmwerk an Stimmung verliert. Realitätsreproduktionen, sehr zurückhaltender Einsatz von Sound-Effekten, die einen Filmton doch erst mit in den Stand eines ästhetischen Filmkunstwerks erheben, sind leider viel zu oft Usus. Und das ist nicht einmal Budget oder Zeit bedingt, sondern sicherlich Anforderung unkreativer Redaktionen.

 

Achim Dunkers Buch fokussiert die technische Komponente einer qualitativ hochwertigen Filmtonaufnahme. Er führt die gängigen Mikrofone mit ihren speziellen Charakteristika auf, was sehr hilfreich ist bei der Entscheidung, mit welchem Mikrofon in welcher Situation gearbeitet werden sollte. Auch auf Tonsettings bei unterschiedlichen filmischen Aufnahmesituationen beziehungsweise -settings geht er explizit ein, beschreibt, wie Bild und Ton synchronisiert werden können und was bei Stromausfällen zu beachten ist und welche Besonderheiten es bei Sprachaufnahmen oder Voice Overisierungen gibt. Natürlich kommen auch die Nachbearbeitung, Tonmischung und Sounddesign eine gewisse Aufmerksamkeit zu.

 

Im Gegensatz zu früheren Büchern von Achim Dunker geht dieser diesmal kaum auf die ästhetischen Effekte von Ton ein. So ist gerade einmal auf der letzten Seite zu lesen: "Ein guter und richtiger Filmton besitzt eine nachhaltige dramatische Wirkung. Das Besondere ist, dass der Ton sehr subtil ist." Eine richtige Beobachtung, die an die eingangs dargelegten Ausführungen anknüpfen. Wenn aber der nur unterschwelligen Wahrnehmung des Filmtons die besondere Relevanz innewohnt, vom Bild dominiert zu werden, so hätte ich mir auch entsprechende Ausführungen gewünscht, welche Methodik für den psychologisch anmutigen Einsatz von Filmton in unterschiedlichen Themen, Genres oder Settings als sinnvoll erscheint.

 

So dient "Filmton-Aufnahme" als kurzes Einführungswerk, als technische Entscheidungshilfe für den Einsatz des richtigen Audio-Equipments und als komprimierte Tour de Force durch das doch sehr komplexe Welt des Filmtons. Sicherlich ein Buch, das als Vorlektüre dienlich ist und den Leser anleitet, was für seine individuellen Anforderungen die richtige Ton-Entscheidung ist. Allerdings diesesmal kein Buch, das am Set dienlich ist, denn spätestens beim ersten Klappenschlag erscheint eine Modifizierung des Ton-Settings deutlich zu spät.

 

Insofern verstehe ich das Buch als sehr hilfreich, sich mit der Welt des Filmtons vertraut zu machen und für Tonübungen heran zu ziehen. Sehr pragmatisch geschrieben, für meine Begriffe zu dominant mit den technischen Spezifikationen versehen, aber das Versprechen des Untertitels einlösend, kompakte Infos zu bieten, mehr für einen Filmemacher denn für Fotografen, die bei ihrer Arbeit ja nur in den seltensten Fällen auf Ton angewiesen sind.