20.000 Meilen unter dem Meer

Erfolgreicher Test einer unbemannten Forschungsdrohne für die Tiefseekartographie.
Erfolgreicher Test einer unbemannten Forschungsdrohne für die Tiefseekartographie. (Foto: Fraunhofer IOSB/Fugefoto)

Wir wissen über den Weltraum mehr als über die Tiefsee. Dabei birgt diese so viel Geheimnisvolles, so viele Wunder, so viele Schätze. Zehn Millionen Tierarten kennen wir wohl noch nicht, schätzungsweise über 300.000 historisch relevante Schiffswracks warten darauf, entdeckt zu werden. Für Wissenschaftler eine gigantische Spielwiese, die sie noch lange beschäftigen wird. Doch sind Finanzmittel für Forschungsprojekte eher knapp gesät. So erhält die NASA in den USA in etwa das 1.600-fache des Budgets ihres nautischen Pendants NOAA, in Europa existiert eine derartige Einrichtung nicht einmal, während die ESA nach wie vor hoffnungsfroh zu den Sternen blickt. Zum Glück gibt es Forschungspreise wie den mit sieben Millionen Dollar dotierten Shell Ocean Discovery XPRIZE. Hier geht es um die Kartographierung des Meeresgrunds mittels unbemannter Unterwasserfahrzeuge. Neben 19 weiteren Teams hat es das Fraunhofer IOSB mit seinem ARGGONAUTS-Team ins Halbfinale geschafft - als einzigem deutschem Vertreter. Bereits jetzt also eine bemerkenswerte Leistung.

Und was hat nun ein Baggersee in der Nähe des baden-württembergischen Freistetts mit diesem aufwendigen Tiefsee-Projekt gemein? Die ARGGONAUTS haben dort nun erstmals ihr autonomes Tiefsee-Robotik-System der Weltöffentlichkeit präsentiert. Bei dem öffentlichen Test wurden wesentliche Funktionen wie das autonome Aussetz- und Bergesystem erstmals erfolgreich eingesetzt. Die unbemannten Unterwasserfahrzeuge zur Kartographierung des Meeresgrunds sollen im Herbst dieses Jahres bei der ersten Runde der XPRIZE Challenge eingesetzt werden. Bereits im Februar 2017 hatte das Team des Fraunhofer IOSB unter der Leitung von Dr. Gunnar Brink das Halbfinale des Wettbewerbs erreicht.

 

„Dieser Test ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in die entscheidende Phase des Wettbewerbs. Wir rechnen uns gute Chancen aus, mit unserer Technologie unter die besten 10 Teams der Welt zu kommen – die Ergebnisse heute bestätigen uns darin.“, betont Dr. Gunnar Brink, Leiter der Bereiche Strategie und Innovation am Fraunhofer IOSB und Teamleiter der ARGGONAUTS. Beim Übungsmanöver auf dem Gelände des Segelclubs Freistett präsentierte das Team Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik erstmals die im Rahmen des Wettbewerbs eingesetzten autonomen Unterwasser- und Oberflächenfahrzeuge „Great Diver“ und „Water Strider“.

Die Vorführung umfasste unter anderem das autonomen Aussetz- und Bergemanöver, durch das das Unterwasserfahrzeug mithilfe eines unbemannten Katamarans an den Einsatzort gebracht und anschließend wieder abtransportiert wird. Im Wettbewerb sollen später fünf Unterwasserfahrzeuge gleichzeitig bis zu 16 Stunden unter Wasser bleiben und dabei ein Gebiet von mindestens 150 Quadratkilometern kartographieren sowie hochauflösende Bilder anfertigen. „Was hier in 50 Metern Tiefe so einfach aussieht, ist in 2.000 bzw. später in 4.000 Metern eine enorme Herausforderung! Auf hoher See herrschen extreme Bedingungen, die die Orientierung und Kommunikation erheblich einschränken.“, so Brink.

 

Ökologisches und wirtschaftliches Potenzial der Tiefsee nutzen

 

Schätzungen zufolge sind derzeit noch etwa 95 Prozent der Tiefsee nahezu unerforscht. Eine intensive Vermessung ist bislang an technologischen und wirtschaftlichen Hürden gescheitert. Für den Schutz der sensiblen ökologischen Systeme der Ozeane ist jedoch ein umfangreiches Wissen über geologische und biologische Beschaffenheit der Tiefsee unabdingbar. Gleichzeitig ist auch eine nachhaltige und effiziente Nutzung der maritimen Rohstoffressourcen ohne dieses Wissen unmöglich. Ziel des von der XPRIZE Foundation und Shell veranstalteten Innovationswettbewerbs ist es daher, einen Technologiesprung bei der Erforschung der Tiefsee mithilfe unbemannter Systeme zu realisieren.

 

Die ARGGONAUTS, ein Team von Wissenschaftlern des Fraunhofer IOSB, sind der einzige deutsche Teilnehmer unter den verbliebenen 25 Mannschaften im Wettbewerb. „Die Geheimnisse der Tiefsee zu lüften, ist ein sehr spannender Prozess und ich freue mich sehr, dass das Fraunhofer IOSB beim Wettbewerb bereits so weit gekommen ist und hoffentlich im Halbfinale sich als eines der zehn besten Teams behaupten kann. Die Leistung des ARGGONAUTS-Teams zeigt, dass sich die exzellente Forschung zu Zukunftsthemen am Technologiestandort Baden-Württemberg auf höchstem internationalem Niveau befindet.", betonte die Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Katrin Schütz.

 

Doch noch hat das Team einen langen Weg zu gehen, bis es dann im November an der Küste von Puerto Rico demonstrieren kann, ob es die starke internationale Konkurrenz abhängen kann. So oder so handelt es sich um einen sehr wichtigen Forschungszweig und wir dürfen gespannt sein, wie diese Reise zu unserem eigenen, unerforschten Planeten weiter gehen wird.