In weißem Kittel und blauen Silikon-Handschuhen werden wir von Dr. Alexander Wolny und seiner Kollegin in Empfang genommen. Wolny, seineszeichen leitender Explainer, führt uns durch die neu konzipierte Ausstellung "Archäologie in Baden – Expothek" im Badischen Landesmuseum (BLM), die am 13. Juli erstmals ihre Pforten für das Publikum öffnet. "Explainer" ist hierbei ein völlig neuer Beruf und damit verbunden auch die eine oder andere planerische Herausforderung, verrät mir BLM-Pressesprecherin Katrin Lorbeer. Denn präsentiert sich hier für die Besucherinnen und Besucher Archäologie zum Anfassen, die Artefakte aus über 600.000 Jahren Zeitgeschichte befinden sich hier nicht nur hinter den Scheiben der schick designten Vitrinen. An einem großen Expodesk im zweiten Ausstellungsraum kann so mancher Schatz selbst in die Hand genommen und begutachtet werden. Es ist schon ein ganz besonderes Gefühl, wenn man dann zum Beispiel mit einem frühmittelalterlichen Schwert oder einem 50.000 Jahre alten Faustkeil in Tuchfühlung gehen kann.
Auffällig ist die helle Gestaltung des gesamten Raumes, der auf den trendigen Namen Expothek hört und als Herzstück dieses neuen Museumskonzepts dient und einem Forschungslabor gleicht. In der Mitte des Raumes befinden sich Medientische, an denen sich die Nutzerinnen und Nutzer individuell mit den Objekten ihrer Wahl mithilfe verschiedener Recherche-Tools, Quizfragen und Puzzles auseinander setzen können. Mit einem ExpoPhone als digitaler Lupe lassen sich die Exponate zudem genauer erforschen: Richtet man die Kamera auf die Vitrinen, können über Augmented Reality detaillierte Informationen abgerufen werden. Als moderne Jäger und Sammler begeben sich die Besucher mit dem ExpoPhone auf die Suche nach einem virtuellen Tierchen, das sich zwischen den Exponaten versteckt und durch Augmented Reality sichtbar wird.
Neben den ausgestellten Exponaten in den sichtbaren Vitrinen warten noch zahlreiche Objekte in den in die Wand eingelassenen Schubladen, die zumal objektspezifisch individuell von Schreinerhand gefertigt wurden. Und jedes einzelne Artefakt wurde speziell für diese Ausstellung nochmals fotografiert, was zeigt, mit wie viel Liebe zum Detail und mit welchem Aufwand dieses neue Museumskonzept entwickelt und gestaltet wurde.
Von Virtual Reality und 3D-Scannern
Weiter hinten im Raum befindet sich ein großer 3D-Scanner, mit dessen Hilfe Objekte millimetergenau digitalisiert werden können, je nach gewählter Auflösung ein Vorgang, der durchaus auch einmal mehrere Stunden dauern kann. Hier werden also vielfältige Einblicke in die normalerweise verborgene Arbeit hinter den Kulissen erlebbar und Dank der Explainer vor Ort erhält man spannende Zusatz-Informationen, die ansonsten nur schwerlich in einer reinen Ausstellung zu vermitteln wären. Mittwochs und sonntags um 14:30 Uhr erläutern die Explainer zudem in 30-minütigen Präsentationen, wie das neue Aussstellungskonzept funktioniert.
Einen weiteren Höhepunkt birgt dann der dritte Raum, das sogenannte ExpoLab, in welchem Virtual Reality-Brillen dann wahrlich eine Zeitreise der ganz besonderen Art ermöglichen. Gleich drei 360°-Panorama-Szenen laden ein, in vergangene Lebenswelten einzutauchen und die ausgestellten Objekte in ihrem ursprünglichen Kontext zu erleben. Visualisiert werden so das Schicksal eines Kriegers, das Leben in einem Langhaus oder der Herstellungsprozess in einer Metallgießerei.
Ein individuelles Museumsvergnügen für Groß und Klein
Insgesamt überzeugt das Ausstellungskonzept ausgezeichnet und Gäste sollten viel Zeit mitbringen, denn gibt es an allen Ecken und Enden so viel zu verdecken, dass ein einzelner Besuch sicherlich nicht ausreicht. Ein Wiederkehren ist hier offensichtlich gewünscht, denn wurde eigens hierfür ein Nutzerausweis entwickelt, der sowohl in der Ausstellung als auch zuhause und unterwegs den direkten Zugangn zu einer Vielzahl von Exponaten ermöglicht und als Jahreskarte gilt. Nach der Registrierung können online Objekte bestellt werden, die in der Ausstellung von den Explainern vorgelegt werden: zum Anfassen, zum Anschauen und zum 3D-Scannen. Ein besonderes Feature hierbei, ist, dass dank des Nutzerausweises nachverfolgbar ist, welche Exponate bereits erforscht oder welche Spiele und Herausforderungen gemeistert wurden. Außerdem ist es möglich, Lieblingsobjekte online zusammenzustellen.
Zudem kann bei der Ausstellung der Ausweise festgelegt werden, ob es sich beim Nutzer um ein Kind oder um einen Erwachsenen handelt, auch kann gewählt werden, ob der Ausweis für deutsche oder englische Sprache konfiguriert werden soll. Je nachdem werden die digitalen Informationen in der Ausstellung dann entsprechend aufbereitet dargestellt. Ein durchdachtes Konzept, welches das individualisierte Museumserlebnis ermöglicht. Daher ist ein Besuch von "Archäologie in Baden" sehr zu empfehlen!